„Werdet sichtbar!“ Feierliche Verabschiedung der Abiturientinnen und Abiturienten

89 Abiturientinnen und Abiturienten des Oberstufengymnasiums konnten am vergangenen Freitag ihre Abschlusszeugnisse aus den Händen ihrer Tutorinnen und Tutoren entgegennehmen. 115 Schülerinnen und Schüler waren im August 2021 in die Einführungsphase gestartet. Die Corona-Pandemie mit mehrwöchigem Unterrichtsausfall und Distanzunterricht am Bildschirm lag hinter ihnen, die Vorbereitung auf den höchsten Bildungsabschluss vor ihnen – eine schwierige Situation, die die meisten jedoch gut bewältigten. Und so stand bei etwa einem Drittel der OG-Absolventen eine Eins vor dem Komma der Durchschnittsnote im Abitur.

Der Chor der Eschweger Gymnasien unter der Leitung von Andi Worm sang zu Beginn der feierlichen Verabschiedung der Abiturientinnen und Abiturienten ein Medley aus verschiedenen James-Bond-Filmen.

Erster Redner war Hagen Riedemann, der seit dem 1. Februar 2024 der beim Staatlichen Schulamt Bebra für die Gymnasien zuständig ist. „Die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung“ – dieses Zitat des griechischen Philosophen Heraklit habe auch nach 2.500 Jahren nichts an Aktualität eingebüßt. Riedemann verwies auf das Akronym VUCA, das die Veränderungen der heutigen Welt beschreibe. VUCA stehe für volatility (Volatilität = Schwankung, Unbeständigkeit), uncertainty (Ungewissheit), complexity (Komplexität) und ambiguity (Ambiguität = Mehrdeutigkeit). Da die Zukunft nicht vorhersehbar sei, müsse man flexibel und agil sein und den durch die Unvorhersehbarkeit eröffneten Freiraum kreativ nutzen. Dies sei ein mühseliger und anstrengender Prozess, der jedoch zur Zufriedenheit führen könne.

Schulleiterin Marion Lentz gratulierte den Absolventinnen und Absolventen herzlich zum bestandenen Abitur. In ihrer Rede erinnerte sie an gemeinsame Erlebnisse während der drei vergangenen Jahre, an Exkursionen zu außerschulischen Lernorten, an die Projektwoche zum Schuljubiläum im vergangenen Jahr oder an die Studienfahrt nach Prag. Was den Unterricht betreffe, so hätten etwa 95% der Schülerinnen und Schüler mit Tablets bzw. Ipads gearbeitet. Auch der seit November 2022 verfügbare Chatbot ChatGPT sei möglicherweise für die ein oder andere Schulaufgabe genutzt worden. Im Anschluss an den Augsburger Professor für Schulpädagogik, Prof. Dr. Klaus Zierer, betonte Marion Lentz, dass man sich angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und der Möglichkeiten der KI noch einmal neu des pädagogischen Auftrags der Schule vergewissern müsse. Schule sei dazu da, das Denken zu lehren. Die KI verleite jedoch dazu, das Denken auszulagern bzw. abzugeben und so die Jugendlichen in eine – um mit Immanuel Kant zu sprechen – selbstverschuldete Unmündigkeit zu führen. Den Absolventinnen und Absolventen rief sie zu: „Ihr habt  das Werkzeug und das Wissen, um euer Leben zu gestalten. Zeigt eure Einzigartigkeit und eure Talente! Bereichert die Gesellschaft mit dem, was ihr könnt! Werdet sichtbar!“

Vor Beginn der Zeugnisübergabe war das Bläserensemble  „Tunes of Wind“ zu hören, ein weiterer muskalischer Beitrag wurde von dem Gesangsduo Nina Eyrich und Antonia Salzburger zu Gehör gebracht.

Nach der Ausgabe der Abiturzeugnisse hielt Schulsprecher Jean-Luc Meister eine launige Rede, in  der er einräumte, dass er sich bei der Vorbereitung der Rede gegen Chat GPT entschieden habe – „diesmal ist es ja wirklich wichtig!“ Er betonte, dass der schulische Erfolg individuell sei, je nach Talent, und rief seinen Mitschülerinnen und Mitschüler zu: „Eure schulischen Leistungen definieren euch nicht als Menschen! Macht etwas, in dem ihr gut seid!“

Mit Alix Bürmann und Yasmin Djeloul wurden zwei Abiturientinnen ausgezeichnet, die jeweils die Traumnote von 1,1 erreicht haben. Sie erhielten aus den Händen von Dr. Michael Gerloff, dem Vorsitzenden des Fördervereins, den Ehrenpreis für die Jahrgangsbesten.

16 Abiturientinnen und Abiturienten wurden darüber hinaus für herausragende Leistungen in den einzelnen Fächern ausgezeichnet: Preise für sehr gute Leistungen in den sprachlichen Fächern erhielten Franka Horn (Deutsch) und Leonie Sprenger (Französisch). Erstmals wieder vergeben wurde der Wenten-Preis für herausragende Leistungen im Fach Englisch, der an Mika Bergt ging. Der Preis geht auf Wolfgang Carl Weinstein (1913-1990) zurück, einen ehemaligen Schüler der Friedrich-Wilhelm-Schule (FWS), der aufgrund seiner jüdischen Herkunft 1935 in die USA emigrierte und sich fortan den Nachnamen Wenten gab. Er hatte aus Dankbarkeit für den guten Englisch-Unterricht an der FWS einen Preis für hervorragende Leistungen im Fach Englisch am Oberstufengymnasium gestiftet, der von 1976 bis 2008 vergeben wurde. Die Neuauflage des Wenten-Preises ab diesem Jahr wurde durch den ehemaligen OG-Schüler Dr. Gernot Gerlach ermöglicht, der sich kritisch mit seiner Familiengeschichte und der Geschichte der jüdischen Familie Weinstein auseinandersetzt. Für ihr musikalisches Engagement wurden Chiara Bergner, Nina Eyrich, Antonia Salzburger und Lasse Schmandt ausgezeichnet. Johannes Furch und Maximilian Schmidterhielten den Preis für herausragende Leistungen in den Fächern des gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfelds. Marla Hoffmann wurde für ihre Abiturprüfung im Fach Religion ausgezeichnet. In den naturwissenschaftlichen Fächern wurden Tom Iwanyzkyj (Physik) sowie Jannik Fischer und Clara-Marie Siebke (Chemie) ausgezeichnet. Sein hervorragendes mathematisches Können stellte Timon Bohnhardt unter Beweis. Im Fach Biologie wurden Lara Knigge und Liese Lotte Ludwig ausgezeichnet. Für ihr Engagement für die Schulgemeinde wurden Maya Biertümpfel, Johannes Furch und Marla Hoffmann geehrt. Den von Michael Roth gestifteten Preis für besonderes Engagement für die Schulgemeinde erhielt Jean-Luc Meister. Mit der Auszeichnung verbunden ist eine Einladung zu einer dreitägigen Reise nach Berlin.

Den musikalischen Schluss-Akzent setzte Lasse Schmandt am Klavier, bevor dann die frischgebackenen „Ehemaligen“ gemeinsam mit Eltern und Lehrkräften auf ihre erfolgreich abgelegte Reifeprüfung anstießen.

 

Unmittelbar vor der Zeugnisübergabe wurde ein Abiturgottesdienst in der benachbarten Auferstehungskirche gefeiert, den ein Team der Absolventen zusammen mit Pfarrerin Rosemarie Kremmer vorbereitet hatte.

(Artikel verfasst von Ulrike Arnold)

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OG Eschwege