Abschied von Wilfried Rudolph

Das Oberstufengymnasium trauert um seinen langjährigen Schulleiter Wilfried Rudolph, der am 17. März 2023 im Alter von 84 Jahren verstarb.

Wilfried Rudolph, der 1939 im nordhessischen Wolfhagen geboren wurde und in Korbach aufwuchs, studierte ab 1959 Chemie, Mathematik und Pädagogik an der Universität Marburg.

Nach dem Referendariat an der Alten Landesschule in Korbach und der Elisabethschule in Marburg trat er 1967 seine erste Stelle an der Leuchtbergschule in Eschwege an. Dort wird ihm „seine vorbildliche Haltung als Lehrkraft“, „seine warmherzige Frische und sein Verständnis für junge Menschen“ sowie seine „taktvolle Zurückhaltung und zugleich Hilfsbereitschaft“ bescheinigt.

1970 wurde Wilfried Rudolph zum Studienrat ernannt. Gleichzeitig war er Mitglied der pädagogischen Planungskommission, die das pädagogische und organisatorische Konzept für die neue Oberstufenschule entwickelte, die am Eschweger Südring entstehen sollte. Wilfried Rudolph war also von Anfang an  beratend, planend und leitend an der Entwicklung unserer Schule beteiligt.

Schon 1972 wurde er zum Oberstudienrat und damit zum Stellvertreter der Oberstudiendirektorin der Leuchtbergschule, Gertrud Kappes, befördert. Bereits ein Jahr später wurde er zum 1. August 1973 an das neu errichtete Oberstufengymnasium versetzt und 1975 zum Studiendirektor ernannt. Er nahm auch dort die Funktion des Stellvertreters der Schulleitung wahr und unterstützte den Schulleiter Heinrich Kaiser bei Schulentwicklungs- und Verwaltungsaufgaben.

1984 wurde Wilfried Rudolph, zunächst kommissarisch, mit den Aufgaben des Schulleiters am Oberstufengymnasium beauftragt. Bereits seit 1983 hatte er, bedingt durch die Erkrankung des Schulleiters Heinrich Kaiser, Leitungsaufgaben am Oberstufengymnasium wahrgenommen. In der dienstlichen Beurteilung dieser ersten Monate in der Schulleitung ist zu lesen, dass sich Wilfried Rudolph als „sehr kooperativer, verlässlicher und daher angenehmer Partner“ erwiesen habe. Obwohl er nicht der Wunschkandidat des Mehrheit des Kollegiums gewesen sei, hätten Kollegium und Schulleiter dennoch zueinander gefunden, was auch der „Höflichkeit und Toleranz“ des Schulleiters zu verdanken sei, wie Dr. Feller vom Staatlichen Schulamt vermerkte. 1985 wurde er zum Oberstudiendirektor ernannt und damit zugleich Leiter des Oberstufengymnasiums.

In seine Zeit als Schulleiter fallen zahlreiche Reformen der reformierten Oberstufe. Die Gestaltung des Stundenplans war aufgrund des Schulverbunds und der breiten Fächerpalette immer eine Herausforderung. Wilfried Rudolph stellte zum 25jährigen Jubiläum der Schule fest, dass es sich beim Schulverbund um ein „sehr komplexes, miteinander verwobenes System“ handele, „das natürlich die Stundenplangestaltung bis an die Grenzen des Machbaren führt.“

Ein Dauerproblem, das die Amtszeit Rudolphs begleitete, war die Sanierung des Gebäudes. 1990 wurden am Oberstufengymnasium Asbestwerte festgestellt, die über den zugelassenen Höchstwerten lagen. Zunächst wurden die Fugen zwischen den Wandsegmenten, aus denen Asbestfasern ausgetreten waren, abgedichtet. 1997 wurde mit der Sanierung begonnen. Allerdings wurden nur der Osttrakt (Kunstbereich) und die naturwissenschaftlichen Räume saniert.

Als Schulleiter förderte er auch kulturelle und soziale Aktivitäten, z.B. Schulkonzerte und Theateraufführungen, den Schüleraustausch mit Frankreich und den USA oder eine Spendenaktion für bosnische Kinder und Jugendliche.

Dass er nicht nur über organisatorisches Geschick verfügte, sondern auch ein offenes Ohr für die Belange der Schülerinnen und Schüler hatte, zeigt folgende Episode aus der Schulgeschichte: „Sparen? Ja – aber nicht an unserer Bildung!“ Unter diesem Schlagwort protestierten 1996 rund 160 Schülerinnen und Schüler gegen die hessische Bildungspolitik. Sie machten in der Fußgängerzone auf ihre Situation aufmerksam: zu große Kurse, eingeschränkte Fachwahlmöglichkeiten, veraltete Lehrmittel, Streichung von außerschulischen Aktivitäten wie Studienfahrten und Projekttagen, Erhöhung der Pflichtstundenzahl der Lehrkräfte. Wilfried Rudolph zeigte Verständnis für die Proteste der Schülerinnen und Schüler: „Aus Sicht der Schüler berechtigt“, erklärte er.

1998 konnte die Schule ihr 25jähriges Bestehen mit einem Sporttag, einem Festakt, einem Konzert, der Präsentation von Kursarbeiten und Projekten der Schüler und einem Ball feiern.

Als Wilfried Rudolph nach 35 Jahren pädagogischer Tätigkeit im Juni 2002 in den Ruhestand verabschiedet wurde, meinte er: „Als Waldecker kann ich sicher nicht ein echter Dietemann werden, wohl aber ein echter Ehemaliger der Eschweger Gymnasien.“ Den Ruhestand nutzte er, um mehr Zeit für seine Familie zu finden und seinen musischen Neigungen noch intensiver nachzugehen. So lernte er das Cello-Spiel und sang in der Eschweger Kantorei. Als die Kräfte nachließen, verlebte er seine letzten Jahre im Seniorenheim St. Elisabeth in Eschwege.

In Erinnerung bleiben sein großes organisatorisches Geschick, seine Geduld, Besonnenheit und Verlässlichkeit sowie sein offenes Ohr für die Belange der Schülerschaft. Das Oberstufengymnasium hat dem Motor und Manager seiner Aufbaujahre viel zu verdanken.

Foto: WR, (c) privat, Text: Ulrike Arnold


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