Eine besonders interessante Englischstunde erlebten am vergangenen Mittwoch, dem 21. September, die Schülerinnen und Schüler der Englisch-Leistungskurse des 12. Jahrgangs (Q 1). Edward und Judy Stein aus den USA waren zu Besuch in Eschwege und kamen bei dieser Gelegenheit mit den etwa 60 Schülerinnen und Schülern ins Gespräch.
Edward Stein und seine Frau Judy leben in Needham, Massachusetts. Edward Stein wurde am 11. Februar 1947 als Kind jüdischer Eltern im Camp für Displaced Persons (DP) in Eschwege geboren. Seine Eltern stammen ursprünglich aus Ungarn und warteten nach dem Krieg im DP-Camp auf ihre Ausreise in die USA.
Edward Stein berichtete, dass er im Grunde nie das Bedürfnis hatte, in das Land zu reisen, in dem Juden so viel Leid angetan wurde. Seine Sichtweise änderte sich jedoch, als Dr. Martin Arnold ihn in seiner Funktion als Vorsitzender des Vereins der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis im Rahmen seiner Forschungen zum DP-Camp angeschrieben hatte. Edward Stein, promovierter Chemiker, widmet sich seit seiner Pensionierung seinen Leidenschaften Musik und Geschichte. Er erforscht dabei vor allem die Geschichte seiner Familie. Der Kontakt mit Dr. Arnold hatte nun schließlich doch sein Interesse daran geweckt, die Stationen in Deutschland zu besuchen, über die es seine Familie in die USA geführt hatte.
In der Gesprächsrunde mit den Schülerinnen und Schülern der Englisch-Leistungskurse gab Edward zunächst Einblicke in die bewegte Lebensgeschichte seiner Familie und beantwortete im Anschluss mit seiner Frau Judy Fragen zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen in den USA. Dabei wurde ein breites Themenspektrum angesprochen. Die Steins informierten über Waffengesetze, Abtreibung, aktuelle politische Strömungen, das Zusammenleben von Menschen verschiedener Religionen und über Bildungsmöglichkeiten in den USA.
In die lebhafte Gesprächsrunde, die von einem Schüler moderiert wurde, brachten sich die Schülerinnen und Schüler sehr aufmerksam, interessiert und sprachlich sehr versiert ein. Zum Schluss wurde das Ehepaar gefragt, was sie jungen Menschen heute mit auf den Weg geben würden. Die beiden zögerten nicht lange und sagten, dass das Vertrauen in die eigene Person sowie der Mut, seinen eigenen Weg zu gehen. für sie am wichtigsten seien. Dazu gehöre allerdings auch, anderen Menschen respektvoll und gerecht gegenüberzutreten sowie seinen eigenen Beitrag zu leisten, diese Welt zu einem besseren Ort zu machen.
Die Schülerinnen und Schüler waren von dem Besuch der amerikanischen Gäste sehr beeindruckt, da sie sehr angenehme Gesprächspartner waren und eindrucksvolle Geschichten zu erzählen hatten. Aber auch Edward und Judy genossen das Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern, die ihnen tiefgründige Fragen stellten und das Gespräch mit gut durchdachten Beiträgen bereicherten. Besonders schön war dabei zu sehen, dass das Amerikabild der Schülerinnen und Schüler etwas geradegerückt werden konnte. Wir nehmen über die Nachrichten oft nur die problematischen Themen wie die Waffengesetze und die Debatte um Abtreibungen wahr. An diesem Tag hat sich aber doch gezeigt, dass die USA sehr viel mehr ausmacht und es immer noch ein Land ist, das uns fasziniert. Über die Begegnung mit den Steins erhielt das Land plötzlich ein Gesicht und wurde so für die Jugendlichen nahbarer.
Außerdem hat sich gezeigt, dass wir nicht immer dazu neigen sollten, die USA und Deutschland direktmiteinander zu vergleichen, um auf diesem Vergleich basierend dann einem Land den Vorzug zu geben. Wir sind eben durch unterschiedliche Mentalitäten und Sichtweisen geprägt, die man über solche Begegnungen lernt zu verstehen und auch zu schätzen.
Diese Englischstunde war somit nicht nur in sprachlicher Hinsicht, sondern auch hinsichtlich des interkulturellen Lernens ein echter Gewinn.
Katharina Gatzemeier