Schulveranstaltung gegen Rechtsextremismus 

Am 18. März, einem Tag, an dem in den Abschlussjahrgängen der hessischen Schulen gewöhnlich pure Euphorie herrscht, weil die letzten Stunden bis zum Ende des aktiven Unterrichts angebrochen sind, war am Oberstufengymnasium in Eschwege jedoch von alldem nichts zu spüren. Stattdessen war die Stimmung eher nachdenklich, beinahe bedrückt, denn auf den Vorschlag der Schülervertretung hin, eine „Aktuelle Stunde“ zum Thema Rechtsextremismus zu gestalten, führte die Fachschaft der Geschichts-Lehrkräfte einen Projekttag in der 13. Klasse durch, der sich mit dem Thema Rechtsextremismus beschäftigte.

Dafür wurde der Jahrgang in zwei Gruppen eingeteilt, die jeweils zwei Workshops durchliefen. Der erste Workshop wurde von Elena Padva geleitet, welche vom Sara-Nussbaum-Zentrum aus Kassel gekommen war, um über jüdisches Leben und Antisemitismus zu informieren. Im Gespräch erklärte sie zunächst, wann ein Mensch jüdisch ist und was eine jüdische Person ausmacht; als Beispiel wies sie auf die Tatsache hin, dass der Begriff „Jude“ in den Pässen der ehemaligen Sowjetunion tatsächlich als Herkunftsbezeichnung genutzt wurde und damit eine klare Abgrenzung  zu den anderen Nationalitäten vorgenommen wurde. Danach testeten die Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen anhand eines Quiz ihr Wissen über das Judentum. So musste man z.B.  die Anzahl von Juden in Deutschland im Jahr 1933 und heutzutage schätzen. Auch wurden einige jüdische Objekte präsentiert, und Frau Padva ging sehr genau auf etwaige Fragen ein. Weiter ging es mit einem Quiz, bei welchem der Gruppe Fragen gestellt wurden, und je nach Antwort mussten sich die einzelnen Personen in diese oder jene Ecke des Raumes stellen. Anfangs ging es um allgemeine Fragen, beispielsweise ob man ein Haustier besitzt oder schon einmal außerhalb von Europa Urlaub gemacht hat. Dann wurden die Fragen thematisch schwerwiegender; es wurde z.B. gefragt, ob man schon einmal erlebt hat, dass jemand ausgegrenzt wurde, oder ob man selbst schon einmal Nicht-Zugehörigkeit erlebt hat. Weitere Fragen bezogen sich auf Aussagesätze, bei denen man einschätzen sollte, ob sie antisemitisch sind oder nicht. Dies regte zu Auseinandersetzung und Diskussion an. Dass Antisemitismus keine Sache der Vergangenheit ist, zeigte Elena Padva anhand antisemitischer Flugblätter, die in Kassel in die Briefkästen verteilt wurden. Diese Flugblätter präsentieren Verschwörungstheorien und sehen die Juden als Strippenzieher hinter allem Übel – was die meisten Schüler an die Ideologie des Nationalsozialismus erinnerte

Der zweite Workshop informierte zunächst über den Anlass für den Projekttag, nämlich das Geheimtreffen der AfD in Potsdam, bei dem sogenannte „Remigrationspläne“ konkretisiert werden sollten. Dann beschäftigten sich die Schülerinnen und Schüler mit einer Rede, die Björn Höcke, ehemaliger Geschichtslehrer in Bad Sooden-Allendorf und Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag von Thüringen,  im Jahr 2017 in Dresden gehalten hatte. Ziel dieser Einheit war es, die Schüler zu sensibilisieren für rechtsextreme und rechtspopulistische Ideen und ihnen zu vermitteln, wie sie Reden, die rhetorisch ziemlich gut gehalten sind, kritisch untersuchen zu können. In Kleingruppen arbeiteten die Schüler heraus, auf welche historischen Ereignisse einige Passagen dieser Rede anspielten und was dort eigentlich passiert war. Es ging also darum, historische Fehler nachzuweisen und sein eigenes historisches Wissen zu nutzen, um Populismus zu entlarven und dem daraus folgenden Gruppenzwang etwas entgegen zu setzen.

Ich denke, dass der Projekttag gegen Rechtsextremismus als Erfolg zu werten ist, da er nicht nur informierend war, sondern den Schülern tatsächlich auch eine Art Hilfestellung für aktuelle Debatten und ihr nachfolgendes Leben mitgeben konnte. Der Dank dafür gilt allen, die den Tag organisiert haben, und Frau Padva, die sich die Mühe gemacht hat, zu uns ans Oberstufengymnasium zu kommen. So konnten sich die Schüler in ihrer letzten Schulwoche noch einmal mit einem Thema auseinandersetzen, das sie interessiert und das hoffentlich Spuren hinterlässt – denn der Antisemitismus und der Rechtsextremismus sind nicht nach dem 2. Weltkrieg oder nach der Wiedervereinigung einfach verschwunden, sondern prägen unser Land bis heute. Es ist die Verantwortung der hier lebenden Menschen, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen, statt sie zu verdrängen.

Louise Stüber, Maya Senft

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OG Eschwege