Am vergangenen Donnerstag hatte die gesamte Jahrgangsstufe Q2 unserer Schule die Gelegenheit, die Inszenierung von Heinrich von Kleists Klassiker „Der zerbrochne Krug“ im Deutschen Theater in Göttingen auf der Bühne zu erleben. Die moderne Deutung von Regisseur Moritz Franz Beichl macht eindrücklich deutlich, dass das Drama aus dem Jahr 1811 nichts von seiner Aktualität verloren hat.
Der Fall scheint eindeutig: Ein Krug ist zerbrochen, doch wer ist der Schuldige? Im Mittelpunkt des Stücks steht Dorfrichter Adam, brillant gespielt von Volker Muthmann, der in seinem eigenen Gerichtssaal mit Lügen, Einschüchterungen und Drohungen versucht, seine Tat zu vertuschen. Denn was auf den ersten Blick wie ein harmloser Streit um ein zerbrochenes Gefäß wirkt, entpuppt sich als schwerwiegender Fall von Machtmissbrauch. Adam hatte in der Nacht zuvor Eve, gespielt von Stella Maria Köb, bedrängt und mit der Zukunft ihres Geliebten Ruprecht (Leonard Wilhelm) erpresst. Doch seine Flucht endet mit einem lauten Krach und einem zerbrochenen Krug.
Die Bühne von Ute Radler gleicht einer Showbühne und wird so der Einschätzung des Regisseurs gerecht, dass Gerichtssäle und Bühnen samt Akteuren einiges gemein haben. Besonders eindrucksvoll war die Entscheidung, den zerbrochenen Krug über der Szene schweben zu lassen, wie ein Damoklesschwert über dem Schuldigen.
Die Schülerinnen und Schüler der Q1/2 erlebten ein fesselndes Theaterstück, das nicht nur die Mechanismen von Macht, Lügen und Korruption aufzeigt, sondern auch den Mut betont, sich gegen Unrecht zu stellen. Besonders Eves Standhaftigkeit wird zum Schlüssel der Gerechtigkeit.
Nach der Vorstellung gab es angeregte Diskussionen über die Aktualität des Dramas: Wo begegnen uns heute ähnliche Machtstrukturen? Welche Verantwortung tragen wir als Gesellschaft, wenn Unrecht geschieht? Die Inszenierung von Moritz Franz Beichl macht eindrücklich klar, dass Kleists Werk weit mehr ist als ein Klassiker ist, es ist ein Spiegel unserer Zeit.
Ein Theaterbesuch, der nachwirkt und ein Stück, das zum Nachdenken anregt.